// Prof. Dr. Lars Timm

Die Rettungskette: Erst Patienten retten, dann Krankenhäuser – bitte nicht mehr umgekehrt!


Jeder kennt die Rettungskette aus dem Erste-Hilfe-Unterricht: in einer logischen Kaskade erfolgt die Abfolge von Handlungen der einzelnen Akteure. In Deutschland fokussieren wir uns jedoch immer zunächst auf den fünften Punkt der Rettungskette: das Krankenhaus! Muss es doch wohnortnah erreichbar sein und am liebsten alle möglichen Erkrankungsbilder versorgen können. So soll doch bitte bei einem Defizit der Steuerzahler einspringen, der ebenfalls in Kürze von massiven Beitragssatzsteigerungen zusätzlich betroffen sein wird. Eine stolze Leistung wie wir es in Deutschland im europäischen Kontext schaffen, noch auf mehr als 1800 Krankenhäuser zuzugreifen! Die Qualitätsparameter zeigen uns aber eben keine gute Bilanz auf.

Haben es beispielsweise die Dänen in den letzten 20 Jahren besser gemacht: ihre Lebenserwartung wurde gesteigert und die 30-Tage-Sterblichkeiten bei Schlaganfällen und Herzinfarkten gesenkt. Deutlich besser als in Deutschland, so dass wir hier auf die Dänen heraufschauen müssen. Es gab Jahre, da war es umgekehrt! Die Dänen haben scheinbar die Rettungskette richtig verstanden. Erst geht es um die Patienten und dann um die Krankenhäuser. Sie bauten große Superkrankenhäuser, die bei einer deutschen Leistungsgruppenanalyse keinerlei Herausforderungen aufzeigen würden. Schließlich sind ja alle Fachabteilungen unter einem Dach. Papier wird ebenfalls nicht eingesetzt, denn beim zwanzigjährigen Vier-Jahreszeiten-Schlaf im Bereich der Digitalisierung hat man beim Nachbarland Deutschland nicht zugesehen. Während wir uns an dem Sichern, Bewahren und Festhalten veralteter Strukturen orientieren, haben die Dänen es geschafft, ihr Gesundheitswesen neu und gut auszurichten. Mit Erfolg! Doch auch die Dänen haben gelernt, dass es im ländlichen Raum so nicht geht. Kleine Kliniken ohne Akutfunktion, analog zu den geplanten Level-1i-Kliniken in Deutschland, sichern hier die Grundversorgung und überweisen erst in das Superkrankenhaus, wenn es ärztlich indiziert ist.

Kommen wir zurück zur Rettungskette: ein Schlaganfall gehört zukünftig in eine Stroke-Unit mit neurochirurgischem Assessment und dauerhafter Arzt- und Teampräsenz, ein Herzinfarkt in eine Chest-Pain-Unit mit ebenfalls dauerhafter Arzt- und Teampräsenz! So retten wir Leben, trotz längerer Fahrtwege, und eben nicht Krankenhäuser mit Gelegenheitsversorgungsauftrag.   

Autorenkommentar von Prof. Dr. Lars Timm

 


Foto: Privat

  Prof. Dr. Timm ist Professor an der Hochschule Fresenius am Standort Hamburg und verantwortet als Studiendekan den Studiengang Management im Gesundheitswesen (B. A.). Zudem ist er Vorstandsmitglied bei der HC&S AG. Er wirkte seit mehr als zwanzig Jahren in verschiedenen Managementfunktionen für Krankenhäuser im Bereich Sanierungsmanagement sowie nachhaltige Restrukturierung. Als Rettungssanitäter fährt er immer noch aktiv im Einsatzdienst.
 

 

 

Timm ist ebenfalls Mitherausgeber des Handbuch Sektorenübergreifende Versorgungseinrichtung und Level-1i-Krankenhaus.

Das Handbuch wurde von ausgewählten Experten des deutschen Gesundheitswesens verfasst und beinhaltet mehrere praxisorientierte Konzepte, Ideen und Anwendungen, um frühzeitig eine Sektorenübergreifende Versorgungseinrichtung bzw. ein Level-1i-Krankenhaus erfolgreich und nachhaltig zu etablieren.

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Dieser Beitrag stammt aus dem medhochzwei Newsletter 7/2025. Abonnieren Sie hier kostenlos, um keine News aus der Branche mehr zu verpassen!

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