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Über viele Jahre, wenn nicht Jahrzehnte, wurde die so notwendige, tiefgreifende Reform des deutschen Krankenhauswesens nicht nur verzögert, sie wurde von bestimmten Gruppierungen erfolgreich verhindert. Ebenso lange wird der Erfolg eines Krankenhauses vorrangig an dessen wirtschaftlichem Ergebnis bemessen. Die Folge war und ist nicht überraschend. Ökonomie treibt die Entwicklung von Krankenhäusern wesentlich stärker als eine fundierte, zukunftsorientierte Medizinstrategie. Mit diesem Wissen ist es nicht verwunderlich, dass die inzwischen sowohl auf Landesebene (NRW) als auch auf Bundesebene angestoßene Reform der Krankenhausplanung von einem extrem steigenden wirtschaftlichen Druck begleitet wird oder besser ausgedrückt, getrieben wird.
Der, wenngleich auch immer noch zögerliche Aufbruch zu einer tatsächlich umfassenden Krankenhausreform fällt in eine Zeit extremer Unsicherheit, sei es innenpolitisch, sei es außenpolitisch. Die Finanzverteilung im Gesundheitswesen konkurriert nicht mehr, wie in den vorherigen Jahrzehnten, mit sich selbst, sie konkurriert künftig immer stärker mit anderen ebenfalls wichtigen Bereichen wie Rüstung, Bildung, Demografie, Verkehr etc. Und das in einer Situation, in der Deutschland ans Ende der Digitalisierungstabelle gerutscht ist.
Nach nunmehr über vierzigjähriger Erfahrung im Krankenhauswesen, als Student, Weiterbildungsassistent, Stationsarzt, Oberarzt, Leitender Oberarzt, Chefarzt und Lehrstuhlinhaber, als Studiendekan, als Ärztlicher Direktor, als Sprecher des Medical Boards der im MDAX gelisteten Rhön-Klinikum AG, als Ärztlicher Geschäftsführer einer privatisierten Universitätsklinik und als Vorstandsvorsitzender einer Landesuniversitätsklinik, aber auch als Patient und als Angehöriger von Patienten, blicke ich mit großer Sorge auf die in meinen Augen immer noch unzureichende Konzeption des weiterhin überwiegend ökonomiegetriebenen Krankenhaussystems. Bei aller Skepsis jedoch zeigen sich gerade jetzt Chancen, die thematisiert gehören.
Mit dieser Intention habe ich mich dazu entschlossen, ein Konzept zu entwickeln, das eine patienten- und mitarbeiterzentrierte Gesundheitsversorgung in den Fokus der strategischen Ausrichtung stellt. Die vier Prinzipien - smart, economic, green und human - symbolisiere ich, mit einem Schuss Hoffnung auf Besserung, als Kleeblatt und nenne das Konzept Kleeblattklinik. Die genannten Elemente bilden gemeinsam die Grundlage für eine zukunftsfähige, datenbasierte, KI-unterstützte, nachhaltige, aber vor allem menschliche Medizin.
Mein Buch richtet sich an alle, die mit dem Gesundheitswesen in Berührung kommen: von Studierenden der Medizin und Pflegewissenschaften, der Gesundheitsökonomie, über Tätige in weiteren Gesundheitsdisziplinen, über Geschäftsführungen und Aufsichtsräte bis hin – und dies ist mir ganz besonders wichtig - zu interessierten Bürgerinnen und Bürgern.
Das Werk plädiert für einen Paradigmenwechsel, weg von einer zu starken ökonomischen Perspektive hin zu einer deutlich stärker am Menschen ausgerichteten Gesundheitsversorgung. Ich will Denkanstöße geben und zeigen, dass Veränderung möglich ist – mit Mut, Entschlossenheit und einem klaren Fokus auf die Menschen, für die unser Gesundheitssystem da ist.
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Prof. Dr. Jochen A. Werner ist Vorstandsvorsitzender Universitätsmedizin Essen und treibt die digitale Transformation zum Smart Hospital. Zuvor war er Direktor der Marburger Univ.-HNO-Klinik, anschließend Ärztl. Geschäftsführer der Universitätsklinikum Gießen und Marburg GmbH. Werner ist Mitglied der Leopoldina. Werner nutzt diverse Medien zur Verbreitung der Digitalisierung im Gesundheitswesen und sieht Digitalisierung als entscheidenden Hebel, um die Gesundheitsversorgung der Zukunft gleichermaßen leistungsfähig, finanzierbar und vor allem menschlicher zu machen. Ebenso ist das Smart Hospital die unverzichtbare Basis und Voraussetzung für eine ganzheitliche Ausrichtung der Medizin, die unter dem Begriff „Green Hospital“ auch Faktoren wie Nachhaltigkeit, Klimaschutz und damit die natürlichen Lebensgrundlagen der Menschen mit einbezieht.
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Das neue Werk von Prof. Dr. Jochen A. Werner: |
Dieser Beitrag stammt aus dem medhochzwei Newsletter 01-2025. Abonnieren Sie hier kostenlos, um keine News aus der Branche mehr zu verpassen!