// Sven C. Preusker
In den letzten Tagen und Wochen haben diverse Verbände aus dem Bereich der Gesundheitsversorgung Positions- und Impulspapiere, Forderungskataloge und „Wunschlisten“ an die im Februar neu zu wählende Bundesregierung veröffentlicht. Deutlich wird in all diesen Papieren, dass es ein „weiter so“ in der Gesundheitspolitik nicht geben darf, da die Versorgung der Bevölkerung in vielen Bereichen stark unter Druck steht, manch einer spricht gar von einem bevorstehenden „Kollaps“, sollte nicht schnell etwas unternommen werden.
Unter anderem der Bundesverband Managed Care (BMC) hat in einem Impulspapier konkrete Vorschläge für eine zukunftsfähige Gesundheitsversorgung an die Politik gemacht. Unter dem Titel „Für mehr Gesundheit und eine zukunftsgerichtete Versorgung“ skizziert der Verbend den Weg zu einer vernetzten, regionalen und digitalen Neuordnung der Gesundheitsversorgung, die an Bedarfen und Ergebnissen orientiert ist. „Gesundheitsförderung und Prävention müssen zum zentralen Schwerpunkt der neuen Bundesregierung werden,“ so Prof. Dr. Lutz Hager, BMC-Vorstandsvorsitzender. „Mit einem ‚Weiter so‘ wird die Versorgung in Zukunft nicht aufrechterhalten werden können. Das Gegenbild zu einer fortschreitenden Überlastung und Übernutzung unseres Systems ist die Gesunderhaltung,“ so Hager weiter.
Eine solche Neugestaltung muss aus Sicht des BMC nicht nur den Patienten dienen, sondern auch ein attraktives Arbeitsumfeld und einen verlässlichen Wirtschaftsrahmen bieten. Um dies zu erreichen, bedürfe es einer langfristig angelegten Neuausrichtung, die gleichzeitig im laufenden Betrieb umsetzbar sei, so der Verband – kleinteilige Anpassungen würden nicht genügen.
Der BMC gibt in dem Papier unter anderem Anregungen, um die digitale Transformation zu nutzen und zu beschleunigen, einen neuen Schwerpunkt auf Gesunderhaltung zu setzen, Bedarfe und Ergebnisse zur Grundlage des Handelns zu machen, neue Instrumente der Versorgungssteuerung und -koordination einzuführen und neue Formen der Zusammenarbeit zu ermöglichen.
Unter anderem fordert der Verband in dem Papier einen Wandel von der Telematikinfrastruktur (TI) hin zu einem digitalem Ökosystem. Die Nutzung und Beschleunigung der Digitalisierung soll dabei zur Optimierung von Versorgungsketten, zur Personalisierung von Patientenprozessen und zur Reduktion bürokratischer Belastungen beitragen. In Bereichen, in denen digitale bzw. digital gestützte Leistungen in derselben Qualität erbracht werden wie im direkten persönlichen Kontakt, darf die digitale Leistungserbringung aus Sicht des Verbands nicht länger als Sonderform begriffen werden. Vielmehr sei sie als integraler Bestandteil der Versorgung zu behandeln, was allgemein im SGB V verankert werden müsse – eine Gleichrangigkeit digitaler Leistungen zur sonstigen Leistungserbringung also.
Als Gegenbild zur fortschreitenden Überlastung des Systems sieht der BMC die Gesunderhaltung. Der Fokus soll dabei auf Prävention und Gesundheitsförderung liegen, um die Überlastung des Gesundheitssystems zu verringern und langfristige Gesundheitsdividenden zu erzielen.
Bedarfe und Ergebnisse sollen aus Sicht des BMC zur Grundlage des Handelns werden. Das Gesundheitssystem soll an den Bedürfnissen der Bevölkerung und dem erzielbaren Gesundheitsnutzen ausgerichtet werden – eine Abkehr von mengenorientierter Vergütung hin zu nutzenorientierten Modellen wird als möglicher Weg dahin dargelegt.
Als neue Instrumente für Versorgungssteuerung und -koordination schlägt der Verband unter anderem ein Primärversorgungssystem und -zentren sowie regionale Versorgungsnetze vor. Zukunftsgerichtete Instrumente sollten sowohl mit Verbindlichkeit als auch Flexibilität in der Ausgestaltung bieten. Solche Instrumente würden nicht nur Orientierung für Patienten schaffen, sondern auch eine bessere Ressourcennutzung ermöglichen und Versorgungsengpässe reduzieren, heißt es in dem Papier.
Als fünftes Handlungsfeld sieht der Verband eine stärkere Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Berufsgruppen und Sektoren – darin liege die Zukunft der Gesundheitsversorgung. Interprofessionelle Ansätze, bei denen Ärzte, Apotheker, Pflegekräfte, Therapeuten und weitere Gesundheitsfachberufe eng zusammenarbeiten, würden eine umfassendere und effektivere Patientenbetreuung ermöglichen. Gleichzeitig würden sie die Berufsbilder attraktiver machen und Entwicklungsperspektiven schaffen, heißt es in dem Impulspapier.
„Ein bezahlbares und funktionierendes Gesundheitssystem ist ein zentraler Bestandteil unseres Gesellschafts- und Generationenvertrags, für den die Politik sowie alle Akteure im Gesundheitswesen gemeinsam Verantwortung tragen. Die kommende Legislaturperiode bietet die Chance zum Wandel – die Zeit drängt.“, betonte der BMC-Vorstandsvorsitzende Hager.
Das Impulspapier zur Bundestagswahl 2025 des BMC finden Sie hier.
DKG legt zehn-Punkte-Programm vor
Auch die Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) hat ihre zentralen Forderungen und Erwartungen an eine neue Bundesregierung formuliert. Neben kurzfristigen dringend notwendigen Maßnahmen geht es dabei auch um zehn zentrale Punkte, die die Gesundheitsversorgung in Deutschland mittelfristig sicherstellen sollen. Dazu der DKG‑Vorstandsvorsitzende Dr. Gerald Gaß: „Die Zeit drängt. Die Krankenhausreform, die die Ampelkoalition im letzten Moment noch durchgedrückt hat, wird den Kliniken im Jahr 2025 nicht helfen. Im Gegenteil, sie wirft neue große Probleme auf. Es gibt also dringenden Handlungsbedarf nach der Wahl, die Patientenversorgung zu sichern.“
Die Forderung der DKG nach sofortigem Handeln umfasst drei zentrale Punkte. Erstens müsse insbesondere die flächendeckende Patientenversorgung durch wirtschaftliche Stabilität während der Transformation in die neue Krankenhausstruktur sichergestellt werden. „Eine neue Bundesregierung muss umgehend handeln, sonst laufen wir Gefahr, dass viele Krankenhäuser den bevorstehenden Transformationsprozess überhaupt nicht mehr erleben werden. Derzeit führt der kalte Strukturwandel zu Veränderungen, die sich an der Logik der wirtschaftlichen Not, aber nicht am Versorgungsbedarf orientieren. Dadurch wird die Versorgung in vielen Regionen schlechter und eben nicht besser, wie es der Minister immer wieder versprochen hat“, so Gaß.
Zweitens fordert die DKG, bei den noch zu verabschiedenden Rechtsverordnungen für die Personal- und Strukturvorgaben der neuen Krankenhausplanung nicht dem überstürzten Zeitplan des Bundesgesundheitsministeriums zu folgen. Das Arbeitsgremium, das die Vorgaben erstellen solle, solle sich bis Ende April eine Geschäftsordnung geben. Die Rechtsverordnung solle aber schon Ende März fertig sein. (Aktuell liegt bereits ein Referentenentwurf für die Verordnung zum Transformationsfonds vor, die voraussichtlich in der Bundesratssitzung am 14. Februar beschlossen werden soll; Anm. d. Red.). Die Inhalte der Rechtsverordnungen würden darüber entscheiden, welche Gestaltungsspielräume den Ländern bei ihrer Krankenhausplanung zukünftig noch zur Verfügung stehen, so die DKG. Es gehe um die Frage, wie viel regionale Versorgung zukünftig noch möglich sein werde. Wiederholt hätten alle Bundesländer über den gesamten Gesetzgebungsprozess bis zur finalen Entscheidung im Bundesrat Änderungen an den im Gesetz formulierten Vorgaben zu den Leistungsgruppen eingefordert. Bei der nun anstehenden zustimmungspflichtigen Rechtsverordnung hätten sie die Möglichkeit, diesem Anspruch gerecht zu werden, betonte Gaß.
Drittens müsse zwingend die Vorhaltefinanzierung ausgesetzt werden, da deren aktuelle Fassung jegliche Planung erschwere, die sich am Versorgungsbedarf ausrichtet. Auch die Verantwortlichen in den Kliniken würden ganz klar sagen, dass diese Vorhaltefinanzierung in keiner Weise helfen werde, so die DKG. „Es gibt keine positiven finanziellen Auswirkungen, es gibt keine Stabilisierung ihrer finanziellen Lage. Nur gerade fünf Prozent der Befragten in den Kliniken gehen davon aus, dass die Vorhaltefinanzierung zu einer gesicherten finanziellen Lage führen wird“, sagte Gaß.
Mit dem Zehn-Punkte-Programm fordert die DKG unter anderem den Abbau von Bürokratie und kleinteiliger Regulierung. , den Stopp des kalte Strukturwandels, wirksame Maßnahmen gegen den Fachkräftemangel, eine grundlegende Neugestaltung der Qualitätssicherung, eine konsequente Öffnung der Krankenhäuser für die ambulante Versorgung, bessere Rahmenbedingungen für digitale Versorgungskonzepte, eine zeitnahe Neuordnung der Notfallversorgung im Konsens mit den Ländern, die dauerhafte Etablierung sektorenübergreifender krankenhauszentrierter Versorgungsnetzwerke zur Stärkung der psychiatrischen Patientenversorgung und ein Entgegenwirken hinsichtlich versorgungskritischer Lieferengpässe bei Arzneimitteln.
Das DKG-Papier ist hier zu finden.
Dieser Beitrag stammt aus dem medhochzwei Newsletter 01-2025. Abonnieren Sie hier kostenlos, um keine News aus der Branche mehr zu verpassen!